Das E-Health-Projekt steckt in der Sackgasse

Nach 16 Jahren Planung und mehrfacher Terminverschiebung müssen sich bis Ende 2018 alle Arztpraxen in Deutschland an die Telematik-Infrastruktur anschließen, um mittels elektronischer Gesundheitskarte (eGK) das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) durchzuführen. Die Berichte aus den Praxen sind teilweise niederschmetternd: Regelmäßige Systemabstürze, Arbeitsbehinderung am Anmeldetresen und nicht funktionierende Versichertenkarten belasten den Praxisbetrieb. Patienten und Ärzte sind frustriert. „Das war vorhersehbar“, sagte Wieland Dietrich, Vorsitzender der Freien Ärzteschaft (FÄ), am Donnerstag in Essen.

„Es gab gesetzlich vorgeschriebene Tests, deren Auswertung durch die Universität Erlangen Ende Januar von der Gematik gut versteckt veröffentlicht wurde. „Darin ist von erheblichen Störanfälligkeiten, Interoperabilitätsproblemen und nicht praxistauglicher Qualität zu lesen. Von den gerade einmal sechs an den Tests teilnehmenden Kliniken schieden drei wegen der Probleme aus und mussten ersetzt werden“, berichtet Dietrich. Das VSDM verzögerte den Ablauf am Praxistresen, die Systemstabilität und -verfügbarkeit für den Abgleich der Versichertendaten wurde von den ambulanten Leistungserbringern als nicht praxistauglich bewertet. „Trotzdem hat die Gematik bereits Monate vor der Auswertung den ersten Konnektor im November 2017 zugelassen – ein Skandal“, betont Dietrich.

Arztpraxen und Kliniken werde eine dysfunktionale Technik aufgezwungen, und ihnen drohten finanzielle Strafen, wenn sie sich nicht anschlössen. Dietrich erläutert: „Da bisher nur ein Monopolanbieter einen Konnektor zur Verfügung stellt, weiß die Mehrheit der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten nicht, wie sie das E-Health-Gesetz umsetzen soll.“ Zudem sei die Finanzierung ab dem 3. Quartal 2018 kaum noch gesichert.

„Deutschlandweit breitet sich gerade Empörung bei den Praxisinhabern aus, sich an diese Kasseninfrastruktur anzuschließen, obwohl weder die Sicherheit der Patientendaten noch die Funktionalität des Systems gegeben ist“, sagte Dr. Silke Lüder, stellvertretende FÄ-Vorsitzende, in Hamburg. Gleichzeitig sollten alle Praxen bis zum 25. Mai 2018 die neue EU-Datenschutzgrundverordnung realisieren – eine Anforderung, die mit Anbindung an die Telematik-Infrastruktur nicht zu verwirklichen sei.

Beim Deutschen Ärztetag nächste Woche in Erfurt wird die Freie Ärzteschaft das Thema eGK auf die Tagesordnung bringen. Lüder: „In diesem desaströsen Projekt dürfen keine weiteren Milliarden versenkt werden. Der AOK Bundesverbandes hat kürzlich die eGK schon für gescheitert erklärt, genau wie Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, der dem Projekt ebenfalls nur noch wenig Chancen einräumt. Es ist an der Zeit, dass die Ärztevertreter in der Gematik ebenfalls die Konsequenzen ziehen.“

 

Über die Freie Ärzteschaft e.V.

Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.

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V .i. S. d. P.: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V., Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen, Tel.: 0201 68586090, E-Mail: mail@freie-aerzteschaft.de, www.freie-aerzteschaft.de