Polikliniken verbessern nichts und befeuern Geschäftemacherei
Mit Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Einrichtungen wie den DDR-Polikliniken ließen sich die ambulante und stationäre Behandlung von Patienten besser verzahnen – so jedenfalls stellt sich das die AOK plus in Thüringen vor. Die Freie Ärzteschaft (FÄ) sieht das anders: „Die Schaffung von Polikliniken nach DDR-Muster wird die sogenannte Sektorengrenze nicht auflockern, das ist nur mit verbesserter Kommunikation zu leisten“, sagte FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich am Freitag in Essen. Zudem seien MVZ und Polikliniken unwirtschaftlich und trieben die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens voran.
Wie in Arztpraxen würden auch in der Poliklinik oder im MVZ die Patienten ambulant behandelt. Wenn Patienten aus der ambulanten in eine stationäre Behandlung überführt würden oder umgekehrt, komme es vor allem darauf an, dass die Ärzte beider Seiten gut miteinander kommunizierten. Dietrich macht klar: „Dabei spielt es doch gar keine Rolle, ob der ambulant behandelnde Arzt in einer Praxis, einem MVZ oder einer Poliklinik tätig ist. Praxisärzte, die ihre Patienten oft besser kennen als MVZ-Ärzte, können mindestens ebenso gut mit ihren Kollegen in der Klinik kommunizieren wie Ärzte in MVZ oder Polikliniken.“
Deshalb sei es eine Scheinargumentation, die Schaffung von MVZ und Polikliniken mit der Überwindung der Sektorengrenzen zu begründen. Der FÄ-Chef sieht darin vielmehr Stimmungsmache gegen die niedergelassenen, selbstständigen Ärzte, um die Anstellung von Ärzten in MVZ oder Polikliniken zu fordern. „Dabei dürfte die Erfahrung der vergangenen Jahre gelehrt haben, dass MVZ gegenüber den freien Arztpraxen mit ihrer günstigen Kostenstruktur unwirtschaftlich sind“, betont Dietrich. „In den vergangenen Jahren sind reihenweise auch von gesetzlichen Krankenkassen betriebene MVZ mit poliklinikartiger Struktur in die Knie gegangen – trotz teilweise millionenschwerer Subventionen und Anschubfinanzierungen.“
Die Overhead- und Strukturkosten von MVZ und Polikliniken seien so hoch, dass weder die Kassen noch der Staat – der in der DDR die Polikliniken betrieben hat – deren Betrieb finanzieren könnten. Was das letztlich für Konsequenzen haben kann, erläutert FÄ-Vizevorsitzende Dr. Silke Lüder: „Kapitalgesellschaften und Klinikkonzerne übernehmen etwa gescheiterte MVZ und somit zunehmend die ambulante Behandlung – das ist nicht nur teuer, sondern macht die Medizin auch immer mehr zu einem Geschäft. Statt die weltweit anerkannte gute und wohnortnahe medizinische Behandlung der Bürger in den Praxen zu stärken, treiben Kassen und Staat die Kommerzialisierung im Gesundheitswesen voran. Das beflügelt nur das Renditestreben der Konzerne.“
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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