50 Euro für Termingarantie beim Facharzt

Foto: fotolia.com/Alexander Raths
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Ab 25. Januar 2016 sollen sogenannte Terminservicestellen den Kassenpatienten einen Termin beim Facharzt binnen vier Wochen besorgen. Das bezeichnet Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) als Fortschritt. Ist es aber keineswegs, kritisiert die Freie Ärzteschaft (FÄ). „Es entstehen enorme zusätzliche Kosten: Rund 50 Euro pro vermitteltem Termin hat die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen ermittelt“, sagte FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich am Donnerstag in Essen. „Das ist mehr als die medizinische Behandlung eines Patienten pro Quartal bei den meisten Ärzten kostet. Und: Diese 50 Euro sind unnütze Ausgaben, durch die die Mittel für medizinische Behandlungen weiter schrumpfen.“

Betrug an Bürgern und Ärzten

Denn die Erwartungen der Patienten, die Minister Gröhe mit seinem Versprechen von Termingarantie schüre, würden nicht erfüllt. „Dafür sorgt der Minister selbst mit der derzeitigen Gesetzgebung“, betont Dietrich. In dem kürzlich in Kraft getretenen „Versorgungsstärkungsgesetz“ wurde ein Abbau von tausenden Arztpraxen vor allem in den Großstädten in den kommenden Jahren festgeschrieben. Zudem erlauben begrenzte Honorare den Ärzten gar nicht, ausreichend Termine zu vergeben. „Es soll also künftig weniger Arztpraxen geben, die aber mehr Termine vergeben müssen als sie haben. Das ist Betrug am Bürger und an den Ärzten.“

Hausgemachte Fehlsteuerung

Auch die gesetzlich diktierte Möglichkeit, mangels Termin beim Facharzt in der Praxis in eine Klinikambulanz zu gehen, werde den Patienten nicht weiterhelfen: „In vielen Kliniken“, erläutert der FÄ-Chef, „gibt es gar keine entsprechenden Fachabteilungen und Fachärzte.“ Würden Patienten häufiger in die Kliniken geschickt, entstünden zudem mehr stationäre Aufnahmen und damit höhere Kosten. Damit unterlaufe die Politik ihre eigene Forderung: ambulant vor stationär. „Das ist hausgemachte Fehlsteuerung. Schon in den vergangenen 20 Jahren sind die Ausgaben der Kassen für die Kliniken explodiert.“

Ein Pseudoproblem

Letztlich beschwöre die Politik mit ihrer selbst angeheizten Debatte um Wartezeiten ein Problem herauf, das es so gar nicht gebe. Dietrich: „Einem jüngsten OECD-Bericht zufolge herrschen in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern nur geringe Wartezeiten auf einen Facharzttermin. Die OECD spricht daher von einer Phantomdiskussion in Deutschland.“ Und in Regionen, wo es an Terminen bei bestimmten Fachärzten tatsächlich mangele, werde eine „Gröhe-Sprechstunde“ dies nicht lösen. „So lange Budgets, Praxisabbau, Fehlsteuerung und falsche Versprechen die Gesundheitspolitik dominieren, bleibt es bei der Mangelverwaltung im deutschen Gesundheitswesen.“

 

Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.

Pressekontakt: presse@freie-aerzteschaft.de

V .i. S. d. P.: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V., Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen,
Tel.: 0201 68586090, E-Mail: mail@freie-aerzteschaft.de, www.freie-aerzteschaft.de