Ärztetag kritisiert Verschwendung von Milliarden für elektronische Gesundheitskarte

Berlin Hauptstadtkongress_QuadratDie Beitragsgelder der gesetzlich Krankenversicherten gehören in die medizinische Behandlung und nicht in das längst gescheiterte Projekt elektronische Gesundheitskarte. Das hat der Deutsche Ärztetag am Freitag in Hamburg festgestellt und das Bundesgesundheitsministerium aufgefordert, die Milliardenausgaben für dieses Großprojekt zu beenden und eine neue Kosten-Nutzen-Analyse in Auftrag zu geben.

„Bis heute ist dem Gesundheitswesen, den Patienten und Ärzten kein erkennbarer Nutzen der eGK entstanden“, kommentierte Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft (FÄ), den maßgeblich von der FÄ initiierten Beschluss. Bis 2017 müssten aus Sicherheitsgründen alle Gesundheitskarten ausgetauscht werden – das koste 350 Millionen Euro, betont Lüder. Zudem müssten die Kartenlesegeräte ausgetauscht und sogenannte Konnektoren angeschafft werden, von denen noch nicht einmal die Prototypen existierten.

Ebenso hat der Ärztetag auf die Risiken zentraler Vernetzung im Gesundheitswesen hingewiesen. Nach den jüngsten Angriffen von Hackern auf Computersysteme in deutschen Kliniken sind diese offensichtlich geworden. FÄ-Vize Lüder: „Das stört nicht nur Abläufe in den Kliniken, sondern beeinträchtigt massiv die Patientenbehandlung und Patientensicherheit.“ Daher fordern die Ärzte, dass bei IT-Anwendungen die Sicherheit der Patienten, ihrer Behandlung und Daten oberste Priorität haben muss. Ebenso machte der Ärztetag klar: Elektronische Patientenakten müssen in der Hand von Ärzten und Patienten bleiben. Bestrebungen der Kassen, auf diese Akten zugreifen zu wollen, werden zurückgewiesen.

Das Bundesgesundheitsministerium wird vom Deutschen Ärztetag des Weiteren aufgefordert, für eine sichere Identitätsprüfung bei der Ausgabe der nächsten Generation elektronischer Gesundheitskarten zu sorgen. „Bei der Ausgabe der aktuellen Karten haben die Kassen versäumt zu überprüfen, ob das eingesandte Foto und die persönlichen Daten des Versicherten tatsächlich übereinstimmen“, erläutert Lüder. „Für jede sichere elektronische Kommunikation ist jedoch der Nachweis einer sicheren digitalen Identität durch die ausgebende Stelle unabdingbare Voraussetzung. Ärzte könnten sich ansonsten bei der Nutzung der Karten strafbar machen.“

Den Ärzten drohen derzeit noch ganz andere Zumutungen. Obwohl die Industrie die technischen Geräte für die Online-Anbindung an das zentrale Datennetz bis heute nicht geliefert hat, stehen den Ärzten und Krankenkassen nach dem E-Health-Gesetz finanzielle Sanktionen ins Haus. Wenn die Ärzte die eGK-Anwendungen nicht fristgerecht umsetzen, drohen ihnen Honorarkürzungen. Diese lehnt der Deutsche Ärztetag mit Nachdruck ab.

 

Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.

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