FÄ bewirkt wichtige Beschlüsse
Auf dem Deutschen Ärztetag Ende Mai 2019 in Münster haben die Delegierten unter anderem über die elektronische Patientenakte, die aktuelle Gesetzgebung und den Schutz der Gesundheit von Ärzten abgestimmt. Die Freie Ärzteschaft (FÄ) war erneut mit mehreren Delegierten vertreten und hat sich in Redebeiträgen und Beschlussanträgen für Freiberuflichkeit, ärztliche Unabhängigkeit und die Verteidigung der Schweigepflicht stark gemacht. Einer pflichtweisen Totalvernetzung haben wir eine klare Absage erteilt. Welche Beschlüsse haben die Delegierten der Freien Ärzteschaft bewirkt?
Bei den folgenden Beschlüssen waren Delegierte der Freien Ärzteschaft maßgeblich beteiligt oder ausschließlich Antragsteller. (Nummern der Anträge in Klammern, Dokumentation unter: http://122daet.baek.de)
Elektronische Patientenakte und Telematikinfrastruktur
Bewahrung von Patientenrechten und Schweigepflicht (Ib – 112)
Die Delegierten haben mit großer Mehrheit beschlossen: Die Schweigepflicht der Ärzte und die informationelle Selbstbestimmung der Patienten müssen Priorität haben. Deshalb muss der Patient bereits bei Einführung einer elektronischen Patientenakte die Möglichkeit haben, die Daten selektiv zu speichern, freizugeben oder zu sperren. Diese Datenschutzeinstellungen fehlen bisher. Ebenso fehlt bisher eine Datenschutzfolgeabschätzung für die gesamte Telematikinfrastruktur. Unter diesen Bedingungen darf die elektronische Patientenakte, wie sie im Referentenentwurf des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) vorgesehen ist, nicht eingeführt werden. Zudem darf keine Ärztin und kein Arzt gezwungen werden, Medizindaten in ein unsicheres System einzuspeichern.
Einen ähnlich lautenden kritischen Beschluss hat die KBV-Vertreterversammlung im Vorfeld des Deutschen Ärztetages auf Initiative des Stellvertretenden FÄ-Bundesvorsitzenden Dr. Axel Brunngraber gefasst. (Antrag 4 im PDF unter: www.kbv.de)
Die Delegierten des Ärztetages haben sich zudem gegen den Zwang zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur sowie die Sanktionierungen bei Nichtanschluss ausgesprochen (Ib – 110, 128, 56).
Gesundheitspolitik und Gesetzgebung
Das Fortschreiten staatsmedizinischer Regulierungen und Eingriffe muss gestoppt werden (Ib – 111)
Der Deutsche Ärztetag 2019 hat festgestellt, dass zahlreiche der im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) erfolgten und im Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) darüber hinaus geplanten Gängelungen und Bevormundungen für freiberufliche Ärztinnen und Ärzte und ihre Praxen nicht akzeptabel sind. Die Delegierten fordern:
- Zunehmende dirigistische Eingriffe in die Praxisorganisation von selbstständigen freiberuflichen Ärzten werden abgelehnt.
- Strafandrohungen für Ärztinnen und Ärzte, die sich aus guten Gründen und aufgrund besten ärztlichen Gewissens nicht an die Telematikinfrastrukur anschließen, sind zurückzunehmen.
- Vorschriften, die eine aus guten Gründen abgelehnte Zwangsvernetzung der Arztpraxen auf indirektem Weg erzwingen wollen, sind inakzeptabel.
- Weitere bürokratische, zeitliche und finanzielle Belastungen der Praxen sind nicht zumutbar.
Eine Verbesserung der Patientenbehandlung und -versorgung kann erreicht werden durch:
- Entlastung der Praxen von nicht unmittelbar der Behandlung des Patienten dienenden Nebenaufgaben.
- Wertschätzung der Leistungsträger im Gesundheitswesen, die sich sowohl in der öffentlichen und medialen Darstellung äußert als auch in einer attraktiven Honorierung.
- Positive Anreize zur Optimierung der Patientenversorgung durch Erleichterung der ärztlichen Tätigkeit und Verbesserung aller Aspekte der Gratifikation.
- Stärkung der ärztlichen Selbstverwaltung statt zunehmendem Staatsdirigismus.
Versichertengelder nicht zweckentfremden (Änderungsantrag zum Vorstandsantrag Ia – 01)
Auf Initiative der Delegierten der Freien Ärzteschaft ist der Leitantrag der Bundesärztekammer um einen wichtigen Aspekt ergänzt worden:
Der Referentenentwurf zum Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) enthält den Passus, dass die gesetzlichen Krankenkassen künftig zwei Prozent ihrer Finanzreserven in Wagniskapitalgesellschaften zwecks Förderung nicht näher bestimmter digitaler Innovationen anlegen dürfen. Versichertengelder werden damit zweckentfremdet im Interesse der Gesundheitsindustrie. Die Delegierten fordern, Geld der Versicherten in gute persönliche und individuelle Medizin zu investieren.
Gesundheit von Ärzten
Überbordende Bürokratie gefährdet Arztgesundheit (II – 27)
Ausufernde bürokratische Nebentätigkeiten entfremden die Ärztinnen und Ärzte von ihrer eigentlichen Berufung und führen dadurch zu einem erhöhten Risiko für psychische oder psychosomatische Erkrankungen. Das heben die Delegierten festgestellt. Sie fordern daher, dass der zunehmende Zeitaufwand für bürokratische Nebentätigkeiten und für Arbeiten, die nicht unmittelbar der Gesundheit der Patientinnen und Patienten dienen, reduziert und der Kampf gegen Bürokratie intensiviert werden.
Kompetenz in Psychosomatik verbessert die Selbstfürsorge und Resilienz (II – 26)
Das Ärzteparlament hat festgestellt, dass Arztgesundheit und Berufszufriedenheit durch gute Kompetenzen in der ärztlichen Kommunikation, in der Psychosomatik und durch Kenntnisse und Erfahrungen ärztlicher Selbstfürsorge und Resilienzen gefördert werden. Daher sollen wesentliche Grundkenntnisse hierüber bereits im Studium vermittelt werden. Psychosomatische Aspekte sind Bestandteil ärztlicher Tätigkeit in allen Fachgebieten mit direktem Patientenkontakt.
Das ärztliche Gelöbnis ernst nehmen – gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen eintreten (II – 08)
Zusammen mit den anderen Delegierten der Ärztekammer Nordrhein haben FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich und die Vorsitzende des FÄ-Landesverbandes Nordrhein, Christa Bartels, auch für diesen Beschluss gesorgt: Der Deutsche Ärztetag appelliert an die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland, sich kritisch mit den Bedingungen der eigenen Berufstätigkeit auseinanderzusetzen und ein Arbeiten unter unangemessenen ökonomischen Zwängen, permanentem Zeitdruck, mit überlangen Wochenarbeitszeiten, in unterbesetzten Teams und bei gleichzeitiger bürokratischer Überlastung nicht hinzunehmen. Zudem sind Ärzte unter anderem aufgerufen, die Verantwortung und Fürsorge für die eigene Gesundheit nicht aus dem Blick zu verlieren und die persönliche Resilienz zu stärken. Die Ärztekammern werden aufgerufen, alle Ärztinnen und Ärzte bei diesen Anliegen zu unterstützen, und die Arbeitgeber sollen gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen schaffen. Klare Forderungen gehen auch in Richtung Politik: Der beruflichen Leistung von Ärztinnen und Ärzten ist Anerkennung und Wertschätzung entgegenzubringen, der freiberufliche Charakter der ärztlichen Tätigkeit ist zu stärken und der bestehende Trend zu Überregulierung und Fremdbestimmung ist umzukehren. Außerdem solle eine ausreichende Finanzierung der Leistungen im Gesundheitswesen sichergestellt werden.