GOÄ-Anpassung längst überfällig – Ärzte können leistungsgerechte Steigerungsfaktoren nutzen

Seit 25 Jahren bekommen Ärztinnen und Ärzte das gleiche Honorar für ihre medizinischen Leistungen, wenn sie nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abrechnen. „Das ist nicht hinnehmbar“, sagte Wieland Dietrich, Vorsitzender der Freien Ärzteschaft (FÄ), am Freitag in Essen. „Und bislang ist nicht absehbar, wann es eine neue GOÄ geben wird, die die Kostensteigerungen in den Praxen zumindest abmildern könnte.“ Die FÄ empfiehlt den Ärzten daher, bei der Abrechnung ihrer Leistungen auch höhere Steigerungsfaktoren anzusetzen. „Das ist besonders bei Beratungen und Untersuchungen in vielen Fällen längst angemessen und gut begründet“, betont Dietrich. Eine weitere Möglichkeit seien gesonderte Honorarvereinbarungen mit dem Patienten, auch Honorarabdingung genannt.

Bereits seit Jahren ringen die Bundesärztekammer (BÄK) und die Privaten Krankenversicherungen um eine neue GOÄ. Dennoch konnte man sich bei den Preisen nicht einigen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat zudem kürzlich mitgeteilt, dass eine neue GOÄ in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu erwarten ist. „Die Politik der BÄK, in dieser Legislaturperiode die Einführung der sogenannten GOÄneu zu erreichen, ist gescheitert“, macht der FÄ-Chef klar. Außerdem mangele es erkennbar an politischem Willen. Daher sei dringend eine Anpassung der aktuellen GOÄ notwendig.

Aufgrund der Inflation sind die Honorare der aktuellen GOÄ inzwischen nur noch etwa halb so viel wert wie vor 25 Jahren. Dietrich kritisiert: „Dass Ärztinnen und Ärzte weiter für die gleichen Honorare wie 1996 arbeiten sollen, zeigt die mangelnde Wertschätzung unseres freien Berufs. Zugleich steigen seit Jahren die Kosten und Aufwände in den Arztpraxen etwa für Praxis- und Labormaterial, die Gehaltssteigerungen der Medizinischen Fachangestellten, Versicherungen, EDV, Digitalisierung und IT-Sicherheit. Die Corona-Pandemie hat zudem den Hygieneaufwand erhöht, der mit den geringen Hygienepauschalen nicht gedeckt ist.“ Dennoch habe die BÄK entschieden, die GOÄ nicht zu einem wesentlichen Thema des diesjährigen Deutschen Ärztetages in der kommenden Woche zu machen. GOÄ-Honorare seien aber für die Ärzte sowie für eine gute und unabhängige Medizin essenziell.

„Da die Politik nicht bereit ist, endlich eine klare Steigerung der Arzthonorare nach der GOÄ zu ermöglichen, und die BÄK erkennbar nicht in der Lage ist, dieses seit Jahren überfällige Anliegen der Ärzte durchzusetzen, müssen Ärzte das selbst in die Hand nehmen“, resümiert Wieland Dietrich. Wege dazu seien höhere Steigerungsfaktoren in der geltenden GOÄ und eine Honorarabdingung. Für eine patientenindividuelle Steigerung nach GOÄ gebe es oft gute Gründe: etwa, weil Diagnostik und Therapien vielfältiger und komplexer geworden sind, wegen höherer Ko- und Multimorbiditäten, wegen zunehmenden Hygieneaufwands oder wegen höheren Dokumentations- oder Aufklärungsbedarfs.