Datenschutz und Schweigepflicht: Schlagabtausch zur TI im Petitionsausschuss

Am Montag ging es im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages um die Telematikinfrastruktur. Wer hat welche Argumente in die Diskussion eingebracht? Der Ärztenachrichtendienst (änd) hat darüber berichtet.

Dr. Andreas Meißner hat die Petition auf den Weg gebracht. FÄ-Vize Dr. Silke Lüder hat ihn in den Bundestag begleitet.

Die Telematikinfrastruktur (TI) stößt vielen Ärzten sauer auf. Das „Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht“ fordert deshalb in einer Petition einen Stopp der zentralen Datenspeicherung, einen Anschluss an die TI nur auf freiwilliger Basis und ein Ende der Sanktionen. An diesem Montag hat Sprecher Dr. Andreas Meißner über die Angelegenheit im Petitionsausschuss des Bundestages gesprochen: Die Anwendungen der TI seien „nicht sicher, unwirtschaftlich und medizinisch nicht sinnvoll“, versuchte er den Ausschussmitgliedern klarzumachen.

Zur Erinnerung: Im Januar hatte die Petition das nötige Quorum erreicht. Nach eigenen Angaben hatten sich für das Bündnis verschiedene Arztgruppen zusammengeschlossen, die beispielsweise von der Interessengemeinschaft Medizin und einigen Verbänden unterstützt würden. Zur Unterstützung saß am heutigen Montag auch Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft, im Publikum.

Schauen Sie sich die Diskussion in der Mediathek des Parlamentsfernsehens an (ab ca 2:00:00).

Meißner beschrieb auf ein Neues die Gefahren, die seiner Meinung nach von der TI ausgehen: Zentral gespeicherte Daten könnten „gehackt, veröffentlicht, missbraucht“ werden. Jeder Arzt könnte die gespeicherten Daten abrufen. „Finden Sie gut, wenn Ihr Zahnarzt weiß, dass Sie Antidepressiva nehmen?“, fragte er in die Runde. Auch Forschungszentren seien nicht sicher vor Cyberkriminalität. Die Technik der TI sei nicht sicher, da „unter Hochdruck und mit Zwang eingeführt“. Die aktuelle Störung sei eine Auswirkung dessen. Außerdem, betonte er, gebe es juristische Schwierigkeiten: Eine Datenschutz-Folgeabschätzung liege immer noch nicht vor.

„Ärzte sehen nur kaum einen Nutzen in der elektronischen Patientenakte.“ Denn Patienten könnten selbst darüber entscheiden, welche Daten dort aufgenommen würden und welche nicht. Das Ergebnis würde eine „unvollständige Sammlung von Daten“.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Maria Klein-Schmeink, stellte den Wunsch infrage, dass sich Ärzte freiwillig an die TI anschließen wollen. „Wie kann sich für Patienten dann das Recht auf eine e-Akte durchsetzen?“ Sie verdeutlichte das mit dem Beispiel der Barrierefreiheit: Obwohl es Patienten freistehe, welche Ärzte sie aufsuchen, seien viele noch nicht barrierefrei zu erreichen.

Durch Freiwilligkeit und mit einem guten technischen Angebot könne man Ärzte überzeugen, so Meißner. Der Zwang habe das Vertrauen von Ärzten beschädigt. Wenn Patienten eine elektronische Patientenakte wünschten, könnten sie sich einen Arzt suchen, der diese anbiete, sagte ein Mitstreiter im Ausschuss.

Der Staatssekretär beim Bundesministerium für Gesundheit, Thomas Gebhart (CDU), ging auf einen freiwilligen Anschluss an die TI nicht ein. Stattdessen richtete er den Blick auf den Nutzen, den die Dateninfrastruktur eines Tages haben könnte: Sie solle Patienten Nutzen stiften und die Versorgung verbessern. Ärzte könnten sich „auf das Wesentliche“ konzentrieren, ihre Arbeit würde weniger bürokratisch. Für Patienten sei alles freiwillig. Die TI sei ein „Herzstück der Digitalisierung“.

Das überzeugte Meißner nicht. Bislang sorge die TI für mehr Zeitaufwand. Er verdeutlichte zudem, dass er zwar die Nutzung digitaler Akten und die Speicherung von Notfalldaten auf der elektronischen Gesundheitskarte befürwortet – aber nur, wenn sie dezentral gespeichert würden. Es sei trotz dezentraler Speicherung möglich, Akten elektronisch und über eine gesicherte Verbindung beispielsweise an Krankenhäuser zu übermitteln. Die Corona-App, die an diesem Dienstag freigeschaltet wird, funktioniere auch ohne zentrale Datenspeicherung.

Die Petition wird nun weiter im Ausschuss besprochen, ehe eine Entscheidung über sie gefällt wird.

Quelle: www.aend.de