Spahns Terminservice- und Versorgungsgesetz schadet der Medizinqualität
Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) von Gesundheitsminister Jens Spahn darf im Bundestag nicht verabschiedet werden. Das machte die Freie Ärzteschaft (FÄ) am vergangenen Samstag auf ihrer Mitgliederversammlung mit zwei Resolutionen sehr deutlich. „Wir lehnen das TSVG entschieden ab und fordern die Bundestagsabgeordneten auf, den Gesetzentwurf zurückzuweisen“, sagte FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich.
„Ein Instrumentarium aus monetären Anreizen sowie Kontroll- und Sanktionsdrohungen soll detailliert in die freiberuflich und eigenverantwortlich gestalteten Abläufe der ärztlichen Arbeit in den Praxen und Krankenhäusern eingreifen“, heißt es in der ersten Resolution. Vielmehr müssten jetzt die tatsächlich schwerwiegenden Unzulänglichkeiten der Gesundheitspolitik identifiziert und ursächlich angegangen werden. „Nachhaltig genügend Arztzeit braucht ausreichenden beruflichen Nachwuchs voraus. Budgetdeckel auf Honoraren, Regressdrohungen und zunehmender staatlicher Dirigismus im ärztlichen Alltag in allen Versorgungsbereichen sind fatale Leistungsbremsen. Sie schrecken potenzielle Einsteiger ab und verschärfen so den Ärztemangel in der Zukunft.“
In ihrer zweiten Resolution stellt die FÄ fest: „Ein starkes ambulantes Gesundheitswesen lässt sich nur sichern, wenn alle Leistungen nach wirtschaftlich kalkulierten Preisen transparent gezahlt werden und die Empathie der tätigen Ärztinnen und Ärzte nicht durch übermächtige staatliche und administrative Knebelungen zerstört wird. Internationale Medizinkonzerne müssen zurückgedrängt und die ärztliche Schweigepflicht muss erhalten bleiben.“ Die Freie Ärzteschaft werde als Kernpunkt ihrer Tätigkeit den Widerstand gegen die Abschaffung von Freiberuflichkeit und Schweigepflicht mit allen bürgerrechtlichen und juristischen Mitteln weiter fördern.
Beide Resolutionen finden Sie hier im Wortlaut.
Bundesweiter Aktionstag am 23. Januar 2019
So unterstützt die FÄ auch aktiv den ärztlichen Protest gegen das TSVG, wie kürzlich in Hannover, und ruft ihre Kollegen auf, sich am bundesweiten Aktionstag am 23. Januar 2019 zu beteiligen. Vier Wochen später solle das TSVG in der 2. und 3. Lesung im Bundestag verabschiedet werden. „Wir wollen der Öffentlichkeit dokumentieren, dass große Teile der Ärzteschaft dieses Gesetz ablehnen“, sagte FÄ-Vize Dr. Axel Brunngraber.
„Angesichts der in die ambulante Medizin drängenden Konzerne und der Bedrohung der ärztlichen Schweigepflicht auch durch das TSVG leben Vertragsärzte in freier Praxis in schweren Zeiten“, sagte Wieland Dietrich. Auch die Patienten litten unter den aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen: Für chronisch Kranke werde es immer schwieriger, einen Termin beim Facharzt zu erhalten. „Das TSVG“, betont der FÄ-Chef, „verschärft die Situation, weil wertvolle Praxiszeit künftig nicht mehr als Termine vergeben werden dürfe, sondern auf Verdacht freigehalten werden müsse.
Auch gegen die Telematik-Infrastruktur (TI) besteht seitens der Ärzte breiter Widerstand. Bundesweit seien 70 Prozent der Kollegen noch nicht an die TI angeschlossen, berichtete FÄ-Vize Dr. Silke Lüder. „Besorgniserregend ist, dass im Entwurf des TSVG das ausdrückliche Einverständnis des Patienten gegenüber Arzt oder Apotheker zur Weitergabe seiner Daten nicht mehr vorgesehen sei“, betont Lüder. Die einschlägigen Sätze seien im Paragrafen 291a einfach gestrichen worden. Zukünftig solle ein Häkchen bei einem IT-Provider reichen, um auch sensibelste Daten freizugeben.
Vorstand gewählt
Bei der Mitgliederversammlung am Samstag hat die Freie Ärzteschaft auch ihren Vorstand für die nächsten zwei Jahre gewählt. Neben dem Bundesvorsitzenden Wieland Dietrich und seinen beiden Stellvertretern Dr. Silke Lüder und Dr. Axel Brunngraber sowie Schriftführer Dr. Heinz-Jürgen Hübner mit großer Mehrheit in ihren Ämtern bestätigt worden. Der bisherige Schatzmeister Dr. Christian Scholber hat nicht wieder kandidiert, sein Amt übernimmt Dr. Johannes Pietschmann. „Die FÄ wird sich weiter konsequent für die Freiberuflichkeit der Ärzte und eine unabhängige, persönliche Medizin einsetzen“, sagte FÄ-Chef Dietrich. „Haus- und Fachärzte müssen an einem Strang ziehen, um die wohnortnahe, ambulante medizinische Betreuung der Bevölkerung zu erhalten.“