Bericht vom Kongress Freier Ärzte 2022 in Berlin, Teil 2

Von Wieland Dietrich, Vorsitzender der FÄ

Eine neue GOÄ ist unrealistisch – und sie würde kaum Honorarsteigerungen bringen

In meiner Einleitung habe ich auf die skandalöse Stagnation der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) seit 1996 hingewiesen. Inzwischen liegen die Honorare nach der GOÄ oftmals unterhalb der Honorare der in diesem Jahr um rund 30% aufgewerteten Gebührenordnung der Tierärzte. Die Bundesärztekammer vertritt weiter das Konzept einer GOÄneu, deren Umsetzung in dieser Legislaturperiode unter Karl Lauterbach allerdings weiter ganz unrealistisch erscheint. Auch die privaten Krankenversicherungen haben entgegen den Bekundungen der BÄK naturgemäß kein Interesse an jedweden Honorarsteigerungen der Ärzte. Wie unter dieser Prämisse tatsächlich eine überfällige Honorarsteigerung durch die GOÄneu erzielt werden soll, ist nicht erkennbar!

Mehr Mut bei Steigerungen über den 2,3fachen Satz hinaus

Dr. Bernhard Kleinken, Honorarexperte und ehemaliger Dezernent für Honorarfragen bei der Bundesärztekammer, machte deutlich, dass er den GOÄneu-Entwurf von BÄK und PKV-Verband aus verschiedenen Gründen ablehnt. Einfachsatz, faktisches Vetorecht der PKV in der „gemeinsamen Kommission“ zu jeder Anpassung, Elemente der gesetzlichen Krankenversicherung wie Modellvorhaben, die tatsächlich Öffnungsklauseln für das Verlassen der GOÄ bedeuten können, waren klare Kritikpunkte. Herr Kleinken erläuterte Möglichkeiten, wie man mit der geltenden GOÄ besser arbeiten kann: Begründungen für Steigerungen über den 2,3fachen Satz können viel öfter genutzt werden. Die bisher selten genutzte Option gesonderter Honorarvereinbarungen mit Steigerung über den 2,3fachen Satz hinaus auch ohne Begründung, oder über den 3,5fachen Satz hinaus wurde intensiv erläutert.
Link zum Vortrag : https://www.youtube.com/watch?v=1fXkjI-vHqg

Teile der Politik arbeiten auf die Bürgerversicherung hin

Dr. Stefan Tilgner, Geschäftsführer des PVS-Verbandes, wies auf weitere Bestrebungen im der Politik hin, die Bürgerversicherung einzuführen. Eine „Einigung“ zwischen BÄK und PKV-Verband zur GOÄneu sei überhaupt Voraussetzung für eine Novellierung. Das Pflegeentlastungsgesetz beinhalte in Regelungen zur tagesstationären Behandlung bereits eine sektorengleiche Vergütung, die die GOÄ als Grundlage für Wahlleistungen womöglich aushebele. Dies sei ein möglicher Schritt in Richtung Bürgerversicherung in diesem Segment.
Link zum Vortrag : https://www.youtube.com/watch?v=zdKpo0tNQk8

Bessere Nutzung der geltenden GOÄ ist überfällig

In der Diskussion habe ich für die bessere Nutzung der geltenden GOÄ geworben. Wir haben als Ärzteschaft bei dieser Gebührenordnung guten Gestaltungsspielraum. Der BGH hat 2007 festgestellt, dass der 2,3fache Satz der Regelsteigerungssatz ist – das ist aber 15 Jahre her! Es gibt genügend Gründe, Faktoren über 2,3fach hinaus zu steigern. Eine Steigerung von 2,3fach auf 3,4fach etwa entspricht einem Honorarplus von 48%. Auch besondere Honorarvereinbarungen sind besonders für spezielle Leistungen progressiv zu nutzen. In der Diskussion wurde herausgestellt, dass die ambulanten Arzthonorare für die PKV nur einen sehr kleinen Ausgabenposten darstellen. Die Landesärztekammern und die BÄK sind nach dem Beschluss I-131 des Deutschen Ärztetages von Bremen in der Pflicht, die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland umfassend über die Möglichkeiten von Steigerungsfaktoren über 2,3fach hinaus zu informieren, überdies zu gesonderten Honorarvereinbarungen. Die Freie Ärzteschaft wird hier weiter aktiv sein!

 

Über die Freie Ärzteschaft e.V.

Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.

V .i. S. d. P.: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V., Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen, Tel.: 0201 68586090, E-Mail: mail@freie-aerzteschaft.de, www.freie-aerzteschaft.de

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