Verantwortungsloses Ping-Pong Spiel zu Lasten von Ärzten und Patienten in der Telematik-Infrastruktur

Erneut haben Datensicherheitsexperten laut einer Veröffentlichung der Computerzeitung „c’t“ einen eklatanten Verstoß gegen den Patientendatenschutz aufgedeckt. Die Verbindungsgeräte, die Arztpraxen, Apotheken und Kliniken an die Telematikinfrastruktur (TI) im Gesundheitswesen anschließen, die sogenannten Konnektoren, speichern entgegen aller Versprechungen auch patientensensible Daten. „Dieser Verstoß ist nicht hinnehmbar“, sagt Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft. „Denn man könnte auf diesem Weg feststellen, wann Frau X bei welchem Psychiater gewesen ist, oder wann sich der Prominente Y hilfesuchend an das nächste AIDS-Zentrum gewandt hat. Das darf so nicht sein.“

 

Hinzu kommt, dass Ärzten die Verantwortung für die Datensicherheit zugeschoben wird. FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich moniert, „dass uns Arztpraxen jahrelang von allen Seiten erzählt worden ist, die Verantwortung des Arztes in dieser zentralen Infrastruktur endet am Konnektor. Nun also, nachdem die Praxen unter Androhung von Strafzahlungen gezwungen worden sind, sich an diese Konnektoren anzuschließen, stellt sich heraus, dass das offenbar alles eine große Lüge gewesen ist.“ Der Bundesdatenschutzbeauftragte hatte als Reaktion auf die mediale Veröffentlichung zum Datenschutzverstoß erklärt, dass die Verantwortung bei den Arztpraxen läge.

„Wir empfinden das als staatlich induzierte Erpressung“, sagte Silke Lüder, Allgemeinärztin in Hamburg am Montag. „Zuerst zwingt man Ärzte und Psychotherapeuten, sich an eine unsichere Infrastruktur anzuschließen, die durch eine staatliche Institution namens Gematik verwaltet wird. Dann wird uns plötzlich die datenschutzrechtliche Verantwortung für zentrale Geräte zugeschoben, deren Funktionsweise wir in keiner Weise beeinflussen können.“ Gesundheitspolitiker, allen voran Minister Karl Lauterbach, müssten sich nicht darüber wundern, „dass immer mehr Arztpraxen wegen dieser Zwickmühle vorzeitig aus der Praxisarbeit ausscheiden“.

Es reiche schon, so Lüder weiter, „dass das elektronische Rezept, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und die elektronische Patientenakte als unausgegorene Anwendungen der TI uns in unserem Arbeitsalltag massiv behindern. Nun sehen wir noch ein absolut unwürdiges Ping-Pong Spiel der Verantwortlichkeiten zwischen Staat, Gematik und Herstellerfirmen.“ Man sollte endlich von diesem toten Pferd absteigen und es ordentlich begraben. „Wenn es an einem neuen Flugplatz so viele Fehler gibt, dass kein Flugzeug sicher landen kann, dann wird der Eröffnungstermin so lange verschoben, bis alles reibungslos funktioniert. Aber in der Medizin meinen die Verantwortlichen in Politik, Industrie und Krankenkassen, man könne den ärztlichen Leistungsträgern in den Praxen alles aufzwingen, egal, ob es sinnvoll ist oder nicht. Damit muss jetzt endlich Schluss sein.“

 

 

Über die Freie Ärzteschaft e.V.

Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.

V .i. S. d. P.: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V., Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen, Tel.: 0201 68586090, E-Mail: mail@freie-aerzteschaft.de, www.freie-aerzteschaft.de

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